Versuch, eine Heimat zu finden

Eine Reise zu Uwe Johnson

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Vielleicht wird, wer seinen sicher geglaubten Ort im Leben früh verloren hat, nirgendwo mehr wirklich heimisch – es sei denn, er kann sich das Fehlende wieder erschreiben. Dies ist Uwe Johnsons Fall. Sein Lebensweg beginnt 1934 auf der pommerschen Oder-Insel Wollin und führt über Anklam in Vorpommern, Recknitz und Güstrow in Mecklenburg, dann über Rostock und Leipzig 1959 nach West-Berlin. Nach einem Aufenthalt in New York kommt dieser Lebensweg 1984 auf der Themse-Insel Sheppey an sein frühes Ende.
Wer diesen Stationen folgt, unternimmt immer auch eine Reise in Uwe Johnsons Werk: an die Flüsse, Seen und Meere, die seinen Roman „Mutmaßungen über Jakob“ wie das Groß-Epos „Jahrestage“ prägen, in Dörfer wie Großstädte, die sich um sie gruppieren. In ihrem „Versuch, eine Heimat zu finden“ verortet Frauke Meyer-Gosau Leben und Werk Johnsons an den heutigen Schauplätzen – und findet einen Gegenwarts-Autor, der die historischen Schichten aufdeckt, über die wir sonst leichtfüßig hinweggehen. Ein zwischen Extremen schwankendes Bild des Menschen Uwe Johnson zeichnen dagegen frühere Freunde und Kollegen: Überschwängliche Zugewandtheit und unleidliche Rechthaberei, schlagender Humor und depressives Verstummen stehen auf der Kehrseite des so bedachtsam erzählten Werks.