Von Tieren

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Tiere sind die besseren Menschen, sie tun sich das Streben nach Unglück gar nicht an. Im
Zusammenleben mit den Menschen gilt das aber nichts. Wenn dieser «Schwein» sagt oder
«Esel», missbraucht er die Tiere, um über Mitmenschen seine Ressentiments auszuschütten. Dagegen hilft dem Esel keine Dienstfertigkeit und dem Schwein kein zarter Schinken. In seinem Büchlein Von Tieren denkt Franz Dodel über das Verhältnis von Tier und Mensch nach. Anhand von biblischen und antiken Quellen, die er mit persönlichen Erfahrungen garniert, hinterfragt er die alten Zuschreibungen und gelangt dabei zu schrägen, originellen Schlussfolgerungen. Hunde freuen sich, wenn Herrchen nach Hause kommt, nur weil sie wissen, dass die Menschen dies mögen und sie für solche Treuherzigkeit belohnen. Die Hummel fliegt langsam, weil sie alles genau betrachten will. Und für den faulen Löwen zählen nur die Sonnenuntergänge. Im Menschen erkennen der König und seine tierischen Untertanen bloss «eigenartige Wesen », die sich einfach nicht darauf besinnen können, «endlich richtige Menschen» zu sein. (bm)
Viceversa 5 (2011) Jahrbuch der Schweizer Literaturen