Warum ich gern im Gäbelbach wohne

Ein Plattenbau-Dutzend

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«Als Schriftsteller dürften Sie für den Block schon mal etwas liefern, es gibt da den Wulchechratzer …» – so wurde mir 2017 beschieden, als ich bereits fünf Jahre im Berner Gäbelbach-Quartier gewohnt hatte. Es ist dies eine kleine Satellitenstadt aus den 1960er-Jahren, ganz im Westen der Schweizer Bundesmetropole, an der Stadtgrenze, und in vielem moderner als heutige Stadtplanungen: Die Blöcke verwirklichen wahres verdichtetes Bauen, wachsen sie doch alle 14 Stockwerke in die Höhe, haben je 9 Eingänge pro Block mit 27 und mehr Wohnungen pro Eingang. Es gibt ein Hallenbad plus Sauna für alle, einen Kinderhort, eine Primarschule, eine Bibliothek, Gemeinschaftsräume, einen Sportplatz, zwei Lebensmittelläden und ein Restaurant etc. Dazu wurden Autos der Mieter strikt in Tiefgaragen verbannt. War es zu Beginn eher die Mittelklasse, die teilweise seit dem Mieterstbezug noch hier wohnt, wurden die selten renovierten Wohnungen mehr und mehr auch für die Unterschicht erschwinglich. Dadurch besteht heute eine Durchmischung, wie sie höchstens noch in der Luzerner Baselstrasse – landesweit berühmt-berüchtigt – übertroffen wird. Aber genau dies reizte mich als Schriftsteller dann auch, dem oben zitierten Spruch im Treppenhaus nachzukommen und dem Quartierblatt eine Glosse anzubieten, die dann dreizehn Mal erscheinen durfte. Im Schleppzug der Veröffentlichung folgten jeweils Dutzende Leserzuschriften, die selbst eine Veröffent­lichung wert wären, wenn sich je alle Urheber auffinden liessen … Vielleicht lag das auch daran, dass sich alle erzählten Begebenheiten wirklich so zugetragen hatten. – Dominik Riedo