Wer Glück hat kommt

von

Ein bisserl Sorgen hatte sich Martina Schwarzmann dann doch gemacht. Wird sie durch die Geburt
ihrer Tochter Johanna versehentlich milder und netter? Schlägt auch bei ihr die gefürchtete
Stilldemenz, der Wickeltisch-Alzheimer, in aller Härte zu? Denn die bayerische Musikkabarettistin
weiß genau: „Viele Frauen würden nach der Geburt gern wieder arbeiten gehen – aber sie finden
nicht mehr hin!“ Doch die Schwarzmann und ihre Fans können aufatmen: Die 31-jährige findet mit
ihrem vierten Programm „Wer Glück hat, kommt!“ mühelos wieder hin – auf die Bühne, zur
bewährten Bosheit, und zur Bestform, die ihr 2008 den Deutschen Kabarettpreis einbrachte. „I
merk nix, dass ich netter werd“, freut sich die meisterhafte Leut-Beobachterin aus Überacker bei
Fürstenfeldbruck, und schließt daher auch Gewaltanwendung am Kinderwagerl gegen penetrante
Babygrabscher nicht mehr aus: „Ich könnt’ nie jemanden erschießen. Aber dann denk i mir, nur so
a bissl ins Knia.“
Wobei man sagen muss: Es hat sich doch etwas geändert. Durch den Schwarzmann-Kopf kurven
jetzt, womöglich doch hormonell bedingt, noch skurrilere, schrägere und wahnwitzigere
Geschichten als vorher schon. Martina Schwarzmann züchtet neuerdings Bananen im Kirschbaum,
tuckert mit dem Mofa zum Hells-Angels-Treffen, enthüllt den bisher völlig unbekannten
Zusammenhang zwischen Intimpiercings und Gulasch, und fragt sich, ob sich die Sternsinger in
Afrika eigentlich weiß anmalen.
Und so hat sie alles andere als ein reines Baby-, Wickel- und Windel-Programm unter dem Motto
„Szenen einer Wehe“ auf die Beine gestellt – denn dazu ist das Leben viel zu kunterbunt
„g’scheckert“, dazu hat die Schwarzmann zu viele Geschichten zu erzählen und zu viele Lieder zu
singen, um sich nur auf ein einziges Thema zu konzentrieren. Auch wenn es noch so spannend,
neu und aufregend ist. Weil Mutterschaft ist, wenn die Mutter schafft, hat die „Mundartistin“
(Süddeutsche Zeitung) im letzten Jahr zahllose neue Geschichten und Lieder über den großen
Wahnsinn im Kleinen geschrieben, und bringt als brillante Beobachterin einmal mehr die zentralen
Fragen auf den Punkt, die sich jeder einzelne ihrer Zuschauer auch schon immer gestellt hat, und
die in „Wer Glück hat, kommt!“ endlich Aufklärung finden. Zum Beispiel: Warum müssen
Rennradfahrer auf der Straße eigentlich immer zu viert nebeneinander fahren, selbst wenn sie nur
zu dritt sind?
Zudem beweist Martina Schwarzmann mehr denn je, dass wahrscheinlich niemand mit weniger
Griffen auf der Gitarre mehr lustige und schöne Lieder schreibt als sie. Wenn sie über ihren
„Urlaub auf der anderen Seite der Wasserlache“ singt, auf der alles auf dem Kopf steht, wo die
Füße oben und der Himmel unten ist, und wo der Schuhbeck Fonsä bei Kentucky Fried Chicken
kocht – dann ist sie mit diesem hinreißenden Song der Liedermacherei beinahe näher als dem
Kabarett, und zeigt ganz neue Facetten. Und so lautet die frohe Botschaft nach Martina
Schwarzmanns Entbindung vom neuen Programm: Künstlerin wie Zuschauer sind wohlauf! Wer
Glück hat, kommt hin!