Werke

Aufsätze und Essays

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Der fünfte und letzte Band der Werkausgabe umfaßt eine exemplarische Auswahl von Ehrensteins Schriften, in denen er zur Literatur und Kunst, Politik, Gesellschaft, Staat und Religion Stellung bezieht, so wie einige seiner biographischen Selbstdarstellungen.
Dieser Band ist wohl in gewisser Hinsicht der wichtigste für das Verständnis der Dichtungen Albert Ehrensteins.Die vorliegenden Feuilletons, Rezensionen, Essays, Aufrufe und Polemiken vermitteln in ihrer Gesamtheit das Programm des Dichters und Menschen, in dem erst richtig sichtbar wird, wie eng die Verbindung von Ethik und Ästhetik für ihn war.Ehrensteins Ästhetik entwickelt sich hier deutlich aus seinem ethischen Gewissen, an dem alle Bereiche des menschlichen Lebens und Schaffens gemessen werden.
Was letzten Endes sichtbar wird, ist eine Persönlichkeit, die regsten Anteil nahm an allem, was das Geschick der Menschheit betraf und dessen dichterisches Werk untrennbar verbunden war mit dieser Anteilnahme, ja, dessen raison d’ètre eben diese Anteilnahme war.
Auch in diesem Band der Werkausgabe sind die Texte im wesentlichen nach dem Prinzip der Chronologie angeordnet worden. Dies hatte einmal den Vorteil die Bandbreite von Ehrensteins Interessen in einem gegebenen Zeitraum sichtbar werden zu lassen. Zum anderen ermöglichte diese Anordnung Entwicklungen, Veränderungen und Schwerpunktsverlagerungen in seinen Meinungen und Haltungen im Zusammenhang mit bestimmten historischen Ereignissen, sei es in Politik oder Literatur, deutlich werden zu lassen.
Aus dem vorliegenden Material ergaben sich vier größere zeitliche Einschnitte, die auch mit inhaltlichen Schwerpunktsverlagerungen zusammenfielen.Die zahlenmäßige Gewichtung des vorhandenen Materials variierte dabei von Abschnitt zu Abschnitt beträchtlich.
Der erste Abschnitt ‚Zum Literaturbetrieb in Wien und Berlin‘ umfaßt, mit Ausnahme von zwei frühen unveröffentlichten Glossen, im wesentlichen die Jahre 1911-1914, die Zeit also, in der Ehrenstein in den Wiener und vor allem in den Berliner Literaturbetrieb einstieg. Seine Rezensionen, Polemiken und Glossen zur literarischen Szene der beiden Städte sind durch einen oft erratischen Stil gekennzeichnet und stellen radikal unabhängige – und unpopuläre – Werturteile und Gedankengänge dar.
Der zweite Abschnitt ‚Der erste Weltkrieg‘ umfaßt Ehrensteins journalistische Schriften zwischen 1914-1919. Mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs erweiterte sich der von Ehrenstein behandelte Themenkreis. Politik und soziale Belange werden zentral.Selbst bei literarischen Rezensionen drängen sich diese beiden Bereiche immer in den Vordergrund. Diese Schwerpunktverlagerung steht im Zusammenhang mit der politischen Reife und Klärung, die wie Ehrenstein in seinen autobiographischen Schriften bestätigt, während des 1. Weltkrieg stattfand.
Der dritte Abschnitt ‚Zwanziger und Dreißiger Jahre‘ umfaßt Schriften aus den 20er Jahren bis 1938. Hier wurde das Prinzip der Chronologie insoweit aufgelockert, indem eine Unterteilung der Schriften nach thematischen Gesichtspunkten vorgenommen wurde.
Der vierte Abschnitt ‚Exil‘ umfaßt Schriften, die Ehrenstein im Schweizer und amerikanischen Exil zwischen 1932, dem Jahr, in dem er freiwillig ins Exil in die Schweiz zog, und 1948 verfaßt hatte.
In einem fünften Abschnitt wurden unter dem Titel ‚Mißbrauch der Macht‘, den Ehrenstein seiner nie fertiggestellten Autobiographie geben wollte, einige von Ehrensteins autobiographischen, sein Leben resümierenden Aufsätzen zusammengestellt.
Ein Inhaltsverzeichnis, Zeittafel und ein Nachwort der Herausgeberin beschließen diesen Band.

Inhalt:

Vorwort
I. Zum Literaturbetrieb in Wien und Berlin 1906-1914: ‚Ansichten eines Exterritorialen‘
G. Hauptmann. Pippa tanzt / Wiener Theater / Perpeh / Ein interessanter Abend / Ein Cabaret als literarische Anstalt / Anmerkungen [Kurt Hiller] / Antwort [Kurt Hiller] / Franz Kafka. ‚Betrachtung‘ / Analytische Dichter der Dämmerung / Allerlei Psychiatrie / Paul Zechs Gedichte / Literatur / Lesabéndio von Paul Scheerbart / Brief an Rudyard Kipling / Peter Altenberg / Das Denkmal auf Zeit / Erlebnisse eines Wieners in Berlin / Die Räuberbande.
II. Der erste Weltkrieg 1914-1919: ‚Der Mensch schreit‘
Neueste Kriegslyrik / Kriegslyrik 1914 / Oskar Kokoschka / Von der echten Kunst und fremden Sprachen / Georg Trakl / Der Politiker Dostojewski / Junges Drama / Feindliche Brüder / Die Helfer sind tot / Ein elsässischer Dichter / Versuch einer Antwort / Lukian / Andeutungen / Ödipus und Antigone / Grabmal des unbekannten Soldaten / Aufruf der Antinationalen Sozialisten-Partei / Betrachtungen / Bekenntnis / Stimmungsbild / Das ethische Geschäft / Freibühne / Tabula rasa / Ein Vorschlag zur Güte / Aufruf des Wiener Genossenschaftsverlags.
III. Zwanziger und Dreißiger Jahre: ‚Die Nacht wird‘
1. Karl Kraus
2. Menschen und Affen
3. Zion und Zionismus
4. Reisefeuilletons
IV. Exil 1932-1948
V. Autobiographische Schriften: ‚Mißbrauch der Macht‘
Anhang: Kommentar / Alphabetisches Verzeichnis der Schriften / Zeittafel / Nachwort

‚Möchten unsere Verleger anstatt solche Dürftigkeiten vorzulegen doch eine Renaissance der letzten großen deutschen Talentwelle – der des Expressionismus – vornehmen. Sicher würden sich an den Pionierleistungen der August Stramm oder Albert Ehrenstein junge geschwungene Seelen wieder entzünden, und mit wehenden Worten in dichterisches Neuland vorstoßen.‘
(Arno Schmidt)