Wie ich es sehe

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Stimmungsvolle Alltagsskizzen aus dem Wien der Jahrhundertwende
Peter Altenberg hat die Wiener studiert – in Kaffeehäusern und Ateliers, in Dienstbotenstuben und Salons, in Vergnügungsetablissements und Parkanlagen –, und er hat ihnen dabei ins Herz geschaut. „Wie ich es sehe“ ist eine Sammlung launiger Prosagedichte, poetischer Psychogramme aus dem Fin de siècle.
Wenige Zeilen, ein kurzer Dialog – mit leichter Hand und scheinbar beiläufig fängt Altenberg einen charakteristischen Ton, eine typische Stimmung ein. Komponierte Szenenfolgen wechseln mit Momentaufnahmen, deren Zusammenstellung so zufällig scheint wie das Leben selbst: Menschen sehnen sich an unterschiedlichen Orten der Stadt nach Liebe, werden enttäuscht, unternehmen Ausflüge aufs Land, suchen im Volksgarten nach Amüsement. Insbesondere weibliche Seelenwelten wußte der erklärte Frauenverehrer in kammerspielartigen Episoden präzise auszuleuchten. Sein zärtlicher Blick fiel auf ihre Träume und Hoffnungen, auf Neid und Verfehlungen. Doch Altenberg konstatiert nur, moralischer Wertungen enthält er sich. „Wirklich wienerisch“ nannte Hugo von Hofmannsthal sein Werk, “Liebe auf den ersten Laut“ empfand Thomas Mann, Franz Kafka sah in ihm „ein Genie der Nichtigkeiten, einen seltsamen Idealisten, der die Schönheiten der Welt wie Zigarettenstummel in den Aschenbechern der Kaffeehäuser findet“. Von den Lesern ebenso hochgeschätzt wie von den Kollegen, erfuhr Altenbergs Erstling zu seinen Lebzeiten elf Auflagen. Der vorliegende Band entspricht der Ausgabe letzter Hand von 1904, die hier nach Jahrzehnten erstmals wieder in ihrer ursprünglichen Komposition aufgelegt wird.