Wir tauschen Ansichten und Ängste wie weiche warme Tiere aus

von

Slata Roschals zweiter Band versammelt Gedichte und Prosaminiaturen. In einer „gefährlich guten Sprache“ (Süddeutsche Zeitung über Roschals ersten Band) entwerfen und sezieren die Texte Szenerien in Vorstädten und Innenstädten, in Pflegeheimen, Entbindungsstationen und Gemeinschaftsgärten. Auf eine lakonische, nie aber sarkastische Weise handeln sie von Familie und Migration, fragilen Helden und einer mitunter tröstenden Trostlosigkeit. Der Tod wird gedacht, gesehen und gehört. Er ist in den Texten präsent, als säße er permanent im Nebenzimmer. Und das ist gleichzeitig eine schlechte und eine gute Nachricht.

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Auf den Straßen herrschen neurodermitische Verhältnisse
Der Navigator hat kein Netz Laternen sind in Planung Gott ist tot
Bei Vollmond dürfen Mädchen sich nicht waschen
Sich nicht die Augenbrauen färben
Sich nicht beim Namen nennen lassen
Anhand ergrauter Haare von Rosettenmeerschweinchen
Prognostiziere ich ein Feld an Sonnenblumen
Zwei Erkältungen und einen toten Hund
Wie viel hat nochmal dieses Teleskop gekostet
Wie lange hält der Lippenstift als Augenringkaschierer
Im Pflegeheim im zweiten Stock im überheizten Zimmer
Hat Großmutter Gabeln nach dem Fernseher geworfen
Die Bäckerei ist zu
Im Gasthaus Fink wohnen zehn Gastarbeiter
Am Sonntagabend habe ich gesehen
Wie sie in schwarzer Erde wühlen