Zur Antike

von

Walter Jens zeigt sich hier in seiner Vielfalt: Schlaglichtartig werden in seinen Essays, Fernsehspielen und Übersetzungen Gestalten und Motive der Antike beleuchtet, geschichtlich-mythische bzw. dramatische Stoffe der Weltliteratur originell umgestaltet und aktualisiert, die Wechselbeziehungen zwischen Antike und Moderne veranschaulicht. Die äschyleische Tragödie, die Antigone des Sophokles und der Dramatiker Euripides sind sein Gegenstand ebenso wie Cäsar, Philoktet, Odysseus und die Götter des Olymp. Mythisches tritt in die Dimension der Gegenwart ein und wird zur behandelbaren Geschichte. Die interpretierende Variation gibt dem Mythos seine Zeitlichkeit, dem Modell seine Konkretheit, dem Archetypus seine Historizität zurück. In der Form eines themengebundenen Readers präsentiert der Band den Autor in der Fülle seiner poetisch-essayistisch-wissenschaftlichen Tätigkeit: als gelehrten Ciceronen, der die Modernität des Altertums nachweist, als Novellisten und Fernsehspiel-Autor, als poeta doctus, dem es, im Sinne Thomas Manns, gelingt, den Mythos ins Humane umzufunktionieren und als Übersetzer von Sophokles’ Ajas – ein Wissenschaftler, Essayist und Schriftsteller in alledem, der mit Hilfe vielfacher Annäherungsweisen an das klassische Altertum dem scheinbar Fernen Zeitbezogenheit und dramatische Aktualität gibt.