Zwiesprachen

Über die Blickrichtung der Liebe bei Mechthild von Magdeburg

von

»Dichtung ist Vision, ein Sprung ins Unbekannte. Die
Lufteroberung eines bilderreichen Denkens und die
Entdeckung des Unsichtbaren als Kontinent hat die
sprachmächtige Begine Mechthild von Magdeburg
(ca. 1207-82) als ›Fließendes Licht‹ erlebt und in
vielschichtigen Gesängen, Bildern und liedhaft-hybriden
Abhandlungen niedergeschrieben. Ihre so aufblitzende
geistige terra incognita ist bis heute maßstabsetzendes
Beispiel für das ewig Unbeweisbare geblieben.
Durch die dichterisch festgehaltene Erfahrung dieses
mystischen Paradoxons gebührt Mechthild der Platz
einer
der ersten in deutscher Sprache schreibenden
Frauen: eine Philosophin der verdichteten Zeit, in der
Gott zeitgleich das alles umfassende Absolute und das
winzig Kleine ist. Wenn ich ihrem magnetisierenden
Spracheifer folge, höre ich – etwa beim schönen Wort
›Begine‹ – immer auch den Imperativ ›Beginne!‹.
Beginne also mit der Vision, mit der ersten Sprache der
Poesie: mit einem Sprung ins Unbekannte – ins
Nichtwissen.« So Marica Bodrožić über ihre gewählte
Zwiesprachen-Autorin.