Publik-Forum Extra

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Zuerst ist da dieses Rauschen. Das Geräusch der Wellen, die nach und nach auf den Strand treffen, anlanden und auslaufen. Dann der Geruch nach Salz und Seetang. Und schließlich, am Ende des Weges, wenn die letzten Bäume und Sträucher den Blick freigeben, ist es da: das Meer. Eine weite Wasserfläche bis zum Horizont. Gleißendes Licht. Vögel, die über Schaumkronen kreisen.

Im Frühling, wenn die Sonne den Sommer zu versprechen beginnt, kommt sie ganz zuverlässig: die Sehnsucht nach dem Meer. Der Wind, der über die ersten Blüten im Garten streicht, weckt die Erinnerung an den Wind über den Wogen des Wassers. Und man will unbedingt wieder dorthin, wo es im letzten Sommer so himmlisch war.

Für die einen ist der Ozean ein Ort der Freiheit. Sie waren als Kinder dort und haben selbstvergessen im Sand gespielt. Jahre später schicken sie dann ihre Seele auf Kreuzfahrt. Sie reiten in ihrer Freizeit über die Wellen. Oder sie tauchen hinab zu den Schätzen des Meeresgrundes.

Für die anderen aber ist der Ozean ein Ort der Gefahr. Ein Gefängnis, das keine Mauern zu haben scheint und doch gefangen hält. Eine verfluchte Hölle, die kaum zu überwinden ist auf dem Weg in ein gelobtes Land. Oder der Ort, an dem aus dem Nichts eine gewaltige Welle entsteht, die Tod und Zerstörung bringt.
Manche überleben das Meer. Oder das Meer hilft ihnen zu überleben. Dann gilt dem großen Wasser tiefer Respekt. Die Macht des Meeres kann niemand so sehr empfinden wir der, der dieser Macht nichts entgegenzusetzen hatte – und doch gerettet wurde.

Warum ist das Meer für den einen der Himmel auf Erden, für den anderen aber die Hölle? Hat der eine das Glück gepachtet und der andere das Grauen? Auf diese und ähnliche Fragen gibt das Meer keine Antwort. Aber es ist geduldig. Es hört jeden an, und es unterbricht keinen Monolog. Einsam kann man sein, zwischen Himmel, Wasser und Land.

Der Mensch braucht das Meer, auch wenn es ihm viele Fragen unbeantwortet lässt. Braucht das Meer auch den Menschen? Wahrscheinlich nicht. Deshalb sind die, die sich um das Meer kümmern, die das Leben in ihm erforschen und seine Krankheiten heilen, besonders vorsichtig mit ihm. Sie wissen, dass das Meer sehr gut ohne den Menschen leben könnte. Und dass man dankbar sein muss, dass es das Meer gibt.