Über Günter Kunert

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Die erste Rezension, die Marcel Reich-Ranicki über ein Buch von Günter Kunert veröffentlichte, war so kritisch, dass er sie 1970 in seine Sammlung „Lauter Verrisse“ aufnahm. Als 1985 „Lauter Lobreden“ von Reich-Ranicki erschienen und dabei auch Kunert gepriesen wurde, war das aber keine Überraschung. Denn in hohen Tönen gelobt hat der Kritiker den Dichter schon viel früher. Bereits zehn Monate nach dem „Verriss“ seines Romans „Im Namen der Hütte“ erschien 1968 Reich-Ranickis Rezension zu Kunerts Erzählungen „Die Beerdigung findet in aller Stille statt“. Schon der erste Satz kündigte an: „Nein, heute wird nicht genörgelt, sondern endlich einmal kräftig in die Harfe gegriffen“. Kritisiert hat er danach keine Bücher mehr von ihm. Sie wurden Freunde. Aber gewürdigt hat Reich-Ranicki den Autor aus verschiedenen Anlässen, vor allem in den Jahren 1979 und 1980, als Kunert die DDR verließ. Und wenn Reich-Ranicki über Kunert schrieb, schrieb er auch über sich selbst. Denn die Lebensgeschichten beider hatten manche Ähnlichkeiten. Der 90. Geburtstag Günter Kunerts im März 2019 war ein Anlass, die Beiträge Marcel Reich-Ranickis über ihn erneut zu veröffentlichen.