Die Zurückgekehrten

Die Zurückgekehrten | Néhémy Pierre-Dahomey besprochen von Hauke Harder am 20. Juni 2019.

Bewertung: 4 Sterne

Ein Roman über Menschen, deren Flucht scheitert, die in einer äußeren Siedlung auf Haiti stranden und deren Tochter ein besseres Leben in Frankreich winkt, die aber ebenfalls Jahre später auch zurückkehren wird.

Der Autor Néhémy Pierre-Dahomey wurde in Port-au-Prince auf Haiti geboren und lebt in Paris. Dies ist sein Debütroman, der unter dem Titel: „Rapatriés“ in Frankreich mehrfach ausgezeichnet wurde. Es ist die bewegende Geschichte von Belliquese Loussaint, die Belli genannt wird und ein ärmliches Leben führt. Sie möchte, wie viele andere, der Armut entkommen und fliehen. Doch die Schiffspassage Richtung USA endet in einer Katastrophe. Die Menge der Flüchtlinge auf dem Boot konnte noch durch zähe Verhandlungen seitens des Kapitäns minimiert werden, doch durch starken Gegenwind gerät das unzuverlässige Boot außer Kontrolle. Als nur noch die Brücke des Schiffes so tut, als könnte sie den Wellen trotzen, verliert Belli ihren Sohn in den Fluten. Diese illegale Überfahrt endet mit einem gescheiterten Schiffbruch und der Rückkehr nach Haiti. Sie findet eine Unterbringung in Rapatriés, einer Siedling am äußersten Rand von Port-au-Prince. Hier stranden alle Gescheiterten. So auch Belli mit ihrem Gefährten Néné und ihren verbliebenen Kindern.

Belli versucht in ihrem Unglück, etwas Neues für sich und die Kinder zu erschaffen. Doch ist sie in diesem Elendsviertel fast auf sich allein gestellt, denn ihr Mann, Néné, ist alles andere als zuverlässig und treu. Die Tochter Marline stirbt an Tuberkulose und entfacht eine familiäre Katastrophe und seelische Leere. Belli erhofft sich später für ihre beiden Töchter, Belial und Luciole, eine bessere Zukunft und gibt sie in eine Kinderkrippe und auch zur Adoption frei. Belial, das Mädchen, das längere Zeit namenlos war und sich selbst den Namen gegeben hat, der bei vielen durch einen möglichen dämonischen und biblischen Bezug verstörend wirkt, wird von ihrer neuen Mutter nach Frankreich mitgenommen. Luciole kommt in Nordamerika zu einer neuen Familie.

Als junge Frau wird Belial nach Haiti zurückkehren und ihre Mutter suchen, die ebenfalls versucht hatte sie aufzufinden. Doch die Zeit hat vieles verändert und die Schicksale mehrfach herausgefordert.

Ein Roman über eines der ärmsten Länder dieser Welt.  Es ist die Geschichte von Einzelschicksalen, die für vieles Leid auf dieser Welt stehen. Die Not, die Entbehrungen, das Scheitern auf der Flucht und die Not dieser Familien stehen im Mittelpunkt dieses vielschichtigen Romans. Ein wahrer, schmerzvoller und tiefgründiger Roman, der trotz der Schwere auch eine Leichtigkeit in sich birgt. Ein kraftvoller und wichtiger Text, der hoffentlich dazu beiträgt, unsere Welt in eine bessere zu verwandeln.

Zuerst veröffentlicht von Hauke Harder im leseschatz der Buchhandlung Almut Schmidt.

 

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