Ein Himmel voller Sterne

Ein Himmel voller Sterne | Marie-Sabine Roger besprochen von Monika Dlugosch am 15. November 2017.

Bewertung: 3 Sterne

Ein Himmel voller Sterne von Marie-Sabine Roger, übersetzt von Claudia Kalscheuer, Atlantik 2017

Erst war ich sehr glücklich mit diesem Buch, das ich in der Buchhandlung beim Stöbern fand, denn in der Regel finde ich meine Bücher eher beim gründlichen Recherchieren als beim spontanen Besuch in einem Laden. Ich mochte die Sprache und die Art, wie die Figuren eingeführt werden. Ich mochte diese witzige ironische Art des Protagonisten, Merlin, mit dem Leben umzugehen. Ich mochte seine Ehefrau, Prune, die mit ihrem ungewöhnlichen Lebensstil bunte Lebendigkeit verströmt. Gleich am Anfang kauft das Paar ein altes ehrwürdiges Haus auf dem Land:

„Wir waren übermütig wie junge Fohlen, völlig aufgedreht. Wir würden Fenster und Türen in die Mauern brechen, Gauben in die renovierten Dächer einfügen, Tauben fliegen lassen, …, eine Veranda bauen, …, Luft und Licht in Strömen.“

Merlin aquarelliert Vögel für ein Naturkundebuch und zeichnet Comics. Der Roman ist durchsetzt von amüsanten inneren Monologen, in denen er Menschen, die ihm gerade begegnen, zeichnet.

„Prune, ein Riesenschälmesser in der Hand, schält wie wild alles, was ihr in die Hände fällt. Vor ihr auf dem Tisch ein Haufen Gemüse und Abfälle. Der Kater Pantoffel versteckt sich mit frisch geschältem Schwanz beleidigt hinter den Regalen.

Merlins Hauptwerk ist ein futuristischer Comic, in dem er Figuren aus seinem realen Leben verewigt, so wird Prune zu Phoebe, Besitzerin des Farting Lounge, einer Bar, und sein bester Freund Laurent zu Jim Oregon, ein Weltall-Cowboy.

„Unter all meinen Unehrerbietigkeiten war ihm (Laurent) die liebste, …, Prune schlafend … in einem Himmelbett … inmitten der zarten (Schäfchen) (auf der Hintergrundtapete) (konnte man) … Jim Oregon erkennen, die Jeans bis auf die Waden heruntergerutscht, wie er emsig Schafe, Hirten, Schäferinnen besprang, umgeben von einer ländlichen Idylle mit Wäldchen, Vögeln, Blümchen und gemeinen Stinkmorcheln.

Aber Laurent stirbt und Merlin, der mit Prune inzwischen in das Haus auf dem Land gezogen ist, fährt zu Laurents Beerdigung zurück in die Stadt, wo er einst Laurents Nachbar war. Während die Begegnung mit seinen Freunden und Onkel Albert noch wunderbar erzählt wird, driftet die Geschichte mit der Nebenfigur Tante Musch in eine übertriebene, beinahe zynische Darstellung ab. Sie hat keinen einzigen positiven Charakterzug. Klar, es gibt solche Menschen, dennoch fand ich es nach zu vielen Seiten über Tante Musch nervig für mich als Leserin. Onkel Albert, ein süßer Opa-Charakter, trennt sich auch dann nach Jahrzehnten des Zusammenlebens von Tante Musch, aber der wahre Konflikt bleibt aus. Er hat eine andere, Tante Musch schmollt, Ende. Mir persönlich ist das zu wenig oder gehört erst gar nicht in die Geschichte.

Weiter geht es mit Laurents Vermächtnis, dem Wunsch, dass Jim Oregon, die Comic-Parallelfigur von Laurent sich zum einen verlieben und eine Frau an seiner Seite haben soll, was Laurent in seinem Leben nicht dauerhaft gelang und außerdem soll Jim sterben. Das führt bei Merlin zu einer heftigen Schreibblockade. Ab dem Zeitpunkt kann man sich auf vielen Seiten diese Blockade, Gedanken, Dialoge mit Freunden und dem Verlag antun. Da ich nie eine Schreibblockade habe, konnte ich mich da überhaupt nicht einfühlen. Ich fand es nervig und langweilig. Ich würde das auch nicht als Schreibblockade bezeichnen, sondern als Suche des Autors nach dem stimmigen Plot. Meiner Meinung nach ist das manchmal einfach so, es braucht Zeit und Geduld. Wie man diese Zeit überbrückt, ist sicher verschieden. Falls aber jemand an diesem Symptom leidet und sich quält, ist das Buch sicher lesenswert. Ich kann mir vorstellen, dass Gemeinsamkeiten auftauchen, die helfen könnten, den Knoten aufzulösen.

siehe auch http://www.monika-dlugosch.de/blog-2/

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