Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die Jüdin von Toledo | Lion Feuchtwanger besprochen von Janina am 7. Januar 2018.

Bewertung: 3 Sterne

Toledo, um 1195. Rahel, die schöne und verwöhnte Tochter Isaaks des Juden, trifft bei einem verbotenen Spaziergang in den königlichen Gärten auf Alfonso VIII, den König von Kastilien. Alfonso, dessen Ehe mit Eleonore von England von Pflichterfüllung geprägt ist, verfällt dem lebensfrohen Mädchen. Das erfreut Königin und Hofstaat naturgemäß recht wenig und sie schmieden verhängnisvolle Pläne.

München, 1846. Die schöne, aber halbseidene Tänzerin Lola Montez wird Geliebte König Ludwigs I. von Bayern. Nachdem sie für einigen Aufruhr gesorgt hatte, wurde sie 1848 des Landes verwiesen und floh in die Schweiz. Kurze Zeit später dankte der König ab.

Mit diesem Stück schlug Grillparzer sozusagen zwei Fliegen mit einer Klatsche. Als Bewunderer der spanischen Dramatiker, bearbeitete er Lope de Vegas Stück „Die Versöhnung des Königspaares und die Jüdin von Toledo – Los paces de los reyes y judia de Toledo“ von 1612 neu. Und er kommentierte unter der Hand die Ereignisse im bayrischen Königshaus. Denn obwohl das Stück erst 1872 posthum erstmalig aufgeführt wurde, war es schon um 1855 entstanden, also relativ kurz nach der weitreichenden Affaire.

Es macht tatsächlich Sinn, die geschichtlichen Geschehnisse im Hinterkopf zu haben, wenn man „Die Jüdin“ liest. Denn als alleinstehendes Drama ist sie doch recht blass. Der König ist schwach, Rahel eitel und naiv, Isaak den Vorstellungen der Zeit entsprechend kriecherisch, aber geldgierig. Und die einzige Figur mit Ausstrahlung und Gedankenweite, Rahels Schwester Esther, ist eine Nebenrolle, der allerdings die Endworte gegönnt sind.

Eine interessante Analyse des Trauerspiels bietet Wolfgang Paulsens Nachwort. Hier erzählt er über Grillparzers Sicht des Dramas, über die Wahl der Versform, über die Entwicklung der Charaktere. Ich muss gestehen, ich fand das Nachwort spannender als das Stück selbst.

Darf man das als Laie schreiben? Ich denke, man darf. Denn ein Theaterstück soll für den Zuschauer wirken und nicht nur für den studierten Theaterwissenschaftler. Wobei die Wirkung auf der Bühne belebter sein kann. Rein gelesen war „Die Jüdin von Toledo“ für mich, wie schon erwähnt, blass.

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