Stereotypen, schwache Handlung und ein unausgearbeitetes Setting geben sich die Hand

Throne of Glass 1 - Die Erwählte besprochen von Inken am 7. Oktober 2017.

Bewertung: 1 Sterne

Die ersten Seiten von Throne of Glass versprechen einen spannenden Wettstreit mit einer interessanten Protagonistin in einem fantastischen Setting. Celaena Sardothien ist die berühmt-berüchtigste Assassine des Königreiches Adarlan. Im Kampf muss sie sich den besten Kriegern des Kontinents Erilea stellen, um ihre Freiheit zurückzugewinnen.

Ich hatte mir spannende Kampfszenen und politische Intrigen im Stile des alten Roms erhofft. Doch die anfängliche Begeisterung wich bald der bitteren Ernüchterung, denn der Wettstreit tritt schnell in den Hintergrund. Diese Entscheidung der Autorin war für mich äußert unverständlich, da sie gleich zu Beginn ihre eigentliche Grundidee über den Haufen wirft und das ganze Potenzial der Geschichte verschenkt. Stattdessen fokussiert sie eine vorhersehbare und oberflächliche Liebesgeschichte, der es vollkommen an Authentizität, Tiefgang und Spannung fehlte und „mysteriöse“ Morde. Hin und wieder wurden weitere spannende Ansätze deutlich, auf die entweder gar nicht oder nur relativ kurz eingegangen wurde. Lieber wurde auch hier wieder der Schwerpunkt auf endlose Gespräche zwischen Prinz Dorian, Captain Chaol Westfall und Celeana gelegt. Gespräche, die für mich sehr ermüdend waren, da sie teilweise vollkommen inhaltslos waren und vor Wiederholungen nur so strotzten.

Mit Celaena habe ich mich von Beginn an schwer getan. Sie wirkt sehr arrogant und selbstverliebt. Die regelmäßige und andauernde Wiederholung, dass sie die ALLERbeste Assassine des ganzen Königreiches sei und jeder, der ihren Namen hört, vor Furcht zittert, hat diesen Eindruck nur noch verstärkt. Sobald Celaena mit ihrer Eskorte in Rifthold angekommen ist, nimmt man ihr bald auch die abgebrühte Assassine nicht mehr ab. Während sie zunächst noch überlegt, wie sie Captain Westfall und seine Soldaten ausschalten und sich aus dem Staub machen kann, freut sie sich im nächsten Moment euphorisch über schöne Kleider und königliche Bälle. Mit fortschreitender Handlung fühlt sie sogar richtig wohl in ihrer Rolle als Lady Lillian Gordaina. Diese Verwandlung ist nicht nur unglaublich, sondern auch unglaubwürdig, zumal Celeana zuvor ein Jahr als Sklavin in den Salzminen des Königreiches zugebracht hat. Das geht doch nicht spurlos an einem vorbei!? Für Adarlans Assassine scheinbar kein Problem. Denjenigen, die viel und gerne lesen, fällt schnell auf: Celaena ist eine Mary Sue, eine perfekte Alleskönnerin. Die schöne und tödliche Assassine kann nicht nur ausgezeichnet kämpfen, sondern auch tanzen und Klavier spielen. Sie ist mutig, intelligent, klug, hat ein Herz für die Armen und Ausgestoßenen. Sie interessiert sich für Politik, Kultur und Literatur – und Magie scheint ihr auch noch im Blut zu liegen. Instiktiv weiß sie immer, was zu tun ist. Sogar im Angesicht des Todes unterläuft ihr kein Fehler. War das alles? Ich vermutet nicht. In den folgenden Bänden wird sich sicherlich noch offenbaren, dass Celaena die verschollene Prinzessin irgendeines Königreiches ist. Das Image einer eiskalten, selbstgerechten Assassine, die für Geld jeden tötet und ihre Seele verkauft, wird mit jeder Zeile der Geschichte unglaubwürdiger.

Die anderen Charaktere – angefangen bei den männlichen Hauptfiguren Prinz Dorian und Captain Westfall über Herzog Perrington und Lady Kaltain bis hin zum König – blieben allesamt stereotypisch, oberflächlich und blass. Jeder blieb in seinem vorgezeichneten Kreis – der gut aussehende Kronprinz, der mürrische Hauptmann, der selbstherrliche Herzog, die intrigante Hofdame, der böse Tyrann – ohne Ziel und Ambition mehr zu sein oder zu werden als eine Schablone. Ähnlich erging es auch dem Setting: Warum wurde Magie verboten? Wer konnte mit Magie umgehen? Warum ist der König von Adarlan so versessen darauf den gesamten Kontinent zu erobern? Hin und wieder wird angedeutet, dass Erilea mehr zu bieten hat, als ein gläsernes Schloss und eine Assassine, die sich wie eine Möchtegern-Prinzessin verhält. Näher darauf eingegangen wird aber nicht: Landschaften, Kulturen und ihre Bräuche, Magie und Aberglaube – all das wird einfach außer Acht gelassen oder höchstens an der Oberfläche angekratzt.  Lediglich Nehemia, die Prinzessin von Eyllwe, die momentan in Adarlan zu Gast ist, wirkt symphatisch und ist der einzig interessante Charakter in Throne of Glass, über den ich mehr erfahren möchte. Leider spielt auch sie eher eine Rolle am Rande und bleibt die meiste Zeit im Dunkeln.

Der Schreibstil war zwar leicht und locker, ich habe ihn allerdings als sehr holprig empfunden. Es gab ein paar sehr schön formulierte Passagen, aber der YA-Sprachstil überwog die meiste Zeit und mich hat die saloppe Art und Weise, wie die Figuren miteinander sprechen schon sehr gestört, denn Jobs, Partys, Internate und Osterferien haben in einem High-Fantasy-Roman eigentlich nichts zu suchen.

Fazit: Unfertige, flache Charaktere, vorhersehbare Wendungen und eine zu perfekte Protagonistin, deren Handeln man nicht nach vollziehen kann. Sarah J. Maas hat das eigentliche Potenzial ihrer Idee verschenkt. Wäre sie bei ihrer ursprünglichen Idee geblieben – einem Cinderella-Makeover, bei der Cinderella nicht auf den Ball kommt um mit dem Prinzen zu tanzen, sondern um ihn zu töten. Das wäre der Geschichte vielleicht zu Gute gekommen.

1 von 5 Sternen

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